Gewaltfreie Kommunikation - versuchen Sie es mal mit der Giraffensprache!

Die Stimmung im Büro ist nicht immer die beste. Konkurrenz, unterschiedliche Standpunkte oder schlechtes Benehmen fordert die Geduld der Mitarbeiter heraus und macht sie unglücklich. Konflikte entstehen schnell. Wie können wir Beziehungen verbessern anstatt uns voneinander zu entfernen und die Bedürfnisse anderer zu ignorieren? Wie lassen wir Streitigkeiten und Schuldzuweisungen hinter uns und bauen fruchtbare Beziehungen auf?

Ihr Kollege sitzt Ihnen gegenüber. Sein Telefon klingelt häufig. Da er mit Vertrieblern redet, die unterwegs sind, ist die Verbindung häufig nicht gut und er spricht lauter. Nachmittags rufen ihn seine Freunde auf dem Handy an. Schließlich explodieren Sie: “Sie sind wirklich unglaublich rücksichtslos. Bitte verlassen Sie den Raum, wenn Sie privat telefonieren!” 

Fühlen Sie sich jetzt besser, weil Sie Ihrem Ärger endlich Luft gemacht haben? Aber welche Konsequenzen hat das noch? Wahrscheinlich ist Ihr Kollege durch Ihre Reaktion gekränkt. Und nun wird es schwieriger, erneut miteinander zu reden, eine Lösung zu finden und die Beziehung wieder herzustellen. 

Tage ohne Konflikte sind im Büro selten. Es ist unmöglich, sie zu vermeiden und das ist auch in Ordnung. Aber eine respektvolle Kommunikation hilft den Mitarbeitern sich besser zu fühlen und Lösungen zu finden bevor eine Situation eskaliert.

 

Gewaltfreie Kommunikation – ein einfaches Modell um Konflikte zu lösen 

Marshall Rosenberg hat den Prozess der gewaltfreien Kommunikation in den 1960er Jahren entwickelt. Rosenberg geht davon aus, dass die meisten Konflikte zwischen Personen oder Gruppen durch eine unklare Kommunikation der eigenen Bedürfnisse entstehen. Wenn Menschen eine Sprache benutzen, die Gefühle wie Angst, Scham oder Schuld provoziert, wird die Aufmerksamkeit der anderen Person eingeschränkt. Eine “gewalttätige” Sprache hindert Menschen daran, die eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche zu begreifen. Der Konflikt verstärkt sich, weil dieser “gewaltsame” Teil Gegengewalt verursacht. 

 

Giraffensprache – Wolfssprache 

Die gewaltlose Kommunikation hat zwei Tiere als Symbole. Die Giraffe ist das Landtier mit dem größten Herzen. Ihr langer Hals verschafft ihr einen guten Überblick und Weitsicht. Die Giraffe steht für eine einfühlsame Kommunikation. Das zweite Tier ist der Wolf, der Konkurrenz repräsentiert. Die Wolfssprache steht für urteilen, kritisieren, analysieren, moralisieren und beschuldigen. Wenn wir uns ungerecht behandelt oder angegriffen fühlen, oder wenn wir eigene Wünsche durchsetzen wollen, sprechen wir gern in der Wolfssprache. Die Wolfssprache trennt, die Giraffensprache vereint.1

4 Schritte zur Anwendung gewaltloser Kommunikation2

1. Beobachten Sie die Situation und beschreiben Sie diese ohne zu urteilen:
    Ich sehe … / Ich höre … / die Situation ist … 

2. Bestimmen/äußern Sie Ihre Gefühle:
    Dann fühle ich …

3. Finden Sie heraus, welches Bedürfnis hinter ihrem
    Gefühl steht:
    Mein Bedürfnis ist …/ weil ich gerne hätte … / Ich wünsche … / Ich brauche …

4. Formulieren Sie eine klare, positive und „umsetzbare“
    Bitte:
    Kannst du bitte … / Bist du bereit das zu tun …?

Wie der Prozess funktioniert 

Schritt 1:

Die meisten unserer Äußerungen enthalten Wertungen. Trennen Sie das Verhalten, das Sie beobachten von Ihrer Wertung und wandeln Sie Ihre Wertung in eine reine Beobachtung um:

Wolf: „Er ist so unhöflich.”
Giraffe: „Als ich „hallo“ sagte, hat er in eine andere Richtung geschaut.”

Wolf: „Claudia ist nicht in der Lage ihr Team zu managen.”
Giraffe: „Claudia hat ihre neue Strategie erläutert und wurde mehrfach von verschiedenen
               Teammitgliedern unterbrochen.”

 

Schritt 2:

Rosenberg geht davon aus, dass unsere Gefühle zeigen, ob unsere Bedürfnisse erfüllt wurden oder nicht. Ich fühle mich zum Beispiel entspannt als ich meinem Kollegen erzähle, dass ich das Angebot pünktlich fertigstellen konnte (dies entspricht meinem Bedürfnis nach Sicherheit). Wenn mein Kollege zuhört und meine Freude teilt, entspricht er meinem Bedürfnis nach Verständnis. Die Ansicht ist verbreitet, dass es unprofessionell ist, im Geschäftsleben Gefühle zu zeigen. Besonders Managern wird diese Offenheit als Zeichen von Führungsschwäche ausgelegt. Wenn es jedoch darum geht Konflikte zu lösen, wird es offensichtlich, dass Menschen sich stärker annähern, wenn sie wagen, ihre wirklichen Gefühle zu beschreiben.

Schritt 3:

Rosenberg beschreibt als menschliche Bedürfnisse Sicherheit, Verständnis, Respekt, Wärme, Autonomie usw. Wenn Bedürfnisse aber indirekt durch Bewertungen oder die Analyse von Verhalten ausgedrückt werden, fassen Menschen dies häufig als Kritik auf und verhalten sich defensiv oder „schlagen zurück“.

Manager:
Können wir uns um 17.00 Uhr treffen, um zu besprechen, wie wir mit der Reklamation umgehen?
Mitarbeiter:
Ich wollte heute um 17.00 Uhr nach Hause gehen. Ich habe die letzten Wochen sehr viele Überstunden gemacht.
Manager (Giraffe):
Und wie geht es Ihnen damit?
Mitarbeiter (Giraffe):
Ich fühle mich gut, aber ich brauche auch Zeit für meine Familie und Freunde.
Manager (Wolf):
Wir haben alle sehr hart gearbeitet. Dies ist eine dringende Angelegenheit, die wir nicht aufschieben sollten.                   
Mitarbeiter (Wolf):
Es ist immer dringend. Eine bessere Planung würde uns allen helfen, effizienter zu sein.              

Das Erkennen von Bedürfnissen ist äußerst wichtig, da es zu spezifischen Lösungen führen kann. Mitarbeiter, die ihren Teamleiter als dominant beschreiben, können unterschiedliche unerfüllte Bedürfnisse haben. Der eine sucht nach Anerkennung, während der andere sich mehr Eigenständigkeit wünscht. 

Schritt 4:

Verwechseln Sie eine Bitte nicht mit einer Forderung! Eine Bitte beinhaltet, dass Sie ein mögliches “nein” als Antwort akzeptieren.

Möchten Sie mir helfen? Können Sie bitte die Zahlen für den nächsten Verkaufsreport vorbereiten? 

Bitte stellen Sie die Becher direkt in den Geschirrspüler und nicht in die Spüle. Könnten Sie dies zukünftig immer tun? 

Wenn Sie eine Bitte geäußert und ein “nein” als Antwort erhalten haben, müssen Sie noch nicht aufgeben. Sie sollten stattdessen daran Anteil nehmen, was die andere Person daran hindert, „ja“ zu sagen. Dies sollten Sie bedenken bevor Sie Ihr Gespräch fortsetzen. 

Betriebsklima durch gewaltfreie Kommunikation verbessern 

Durch die Anwendung gewaltloser Kommunikation lernen Manager und Mitarbeiter effektiver zu kommunizieren, um zwischenmenschliche Konflikte besser zu lösen, Zusammenarbeit zu fördern und die Arbeitsatmosphäre zu verbessern. Mitarbeiter lernen auszudrücken, was sie beobachten, was sie fühlen und was sie von sich selbst und anderen fordern möchten. So verbessern sie das eigene Wohlgefühl und tragen auch zum Wohlgefühl anderer bei.

 

Tipps zur gewaltfreien Kommunikation:

  • Vermeiden Sie eine statische Sprache (gut/schlecht, normal/nicht normal, korrekt/nicht korrekt). Sprechen Sie offen und undogmatisch!
  • Vergleichen Sie nicht!
  • Vermeiden Sie subtil wertende Wörter wie „sollen“ und „müssen“
  • Vermeiden Sie Beurteilungen wie z.B. “er ist faul und arrogant“ etc.
  • Vermeiden Sie Wörter, mit denen wir gerne übertreiben wie „immer“, „nie“, „stets“, „oft“, „häufig“, „selten“.
  • Drücken Sie sich stets freundlich, aber bestimmt und klar aus.
 

Krauthammer und gewaltlose Kommunikation:

Krauthammer wendet die Regeln und Erkenntnisse der gewaltfreien Kommunikation von Marshall Rosenberg in seinen Trainingsprogrammen und Workshops an. Gewaltfreie Kommunikation geht über gängige Feedback-Techniken hinaus und hilft Individuen und Teams dabei, Bedürfnisse klarer und positiver zu formulieren und dadurch Opferhaltung und Bevormundung zu vermeiden. 

 

1http://pagewizz.com/gewaltfreie-kommunikation-gfk-marshall-rosenberg/
2Rosenberg, M.B. (2007). Nonviolent Communication: A Language of life, 2003
3http://www.cnvc.org/Training/feelings-inventory

Quellen:
Rosenberg, M.B. (2007). Nonviolent Communication: A Language of Life, 2003