Rivalen zu Verbündeten machen

Mit den richtigen Menschen zurechtzukommen, kann im Geschäftsleben der entscheidende Faktor sein, um befördert zu werden, bei einem (neuen) Projekt Erfolg zu haben oder den eigenen Ruf zu sichern. Allerdings ist man nicht immer mit allen auf einer Wellenlänge. Tatsächlich gibt es Menschen, die gern versuchen, anderen das Leben unnötig schwer zu machen. Bei Kontrahenten haben Sie im Grunde die Wahl: Sie können sie ignorieren, sie bekämpfen oder sie zu Verbündeten machen. Wenn Sie meinen, dass Ihnen die zuletzt genannte Möglichkeit den größten Nutzen bringt, haben wir hier einige praktische Tipps für die Umsetzung:

1. Stellen Sie mehr Nähe her

Sofern Sie nicht mit Sauron, Skynet und Darkseid um Ressourcen und die Weltherrschaft konkurrieren, sollten Sie immer daran denken, dass Ihre Gegner auch nur Menschen sind – und damit genauso verletzlich wie Sie. Auch Ihre Gegner mögen bestimmte Dinge und respektieren bestimmte andere Menschen. Versuchen Sie, im direkten Gespräch oder durch Ihr Netzwerk mehr über Ihre Rivalen herauszufinden. Einige Möglichkeiten:

• Setzen Sie sich in einer Besprechung neben den Widersacher, und beginnen Sie mit Smalltalk
• Beobachten Sie, auf was er reagiert. Was findet Anklang, was ist ein rotes Tuch?
• Befragen Sie Menschen, deren Meinung Sie schätzen. Was gefällt ihnen an Ihrem Herausforderer?

Ihre Erkenntnisse sind hilfreich für die nächsten Schritte; zudem eröffnen Sie die Möglichkeit, miteinander statt gegeneinander zu arbeiten.

2. Überlegen Sie sich eine Vorgehensweise

Kontrahenten arbeiten gegen Ihre Interessen, um die eigenen Interessen zu fördern. Bei einer Änderung seines Eigeninteresses könnte Ihr Rivale zu Ihrem Verbündeten oder Partner werden. Nehmen Sie sich vor der Entscheidung über die richtige Vorgehensweise etwas Zeit zum Nachdenken:

• Was ist das Ziel des Widersachers? Was sind die Anforderungen, Werte und Kriterien für seinen Erfolg?
• Auf welche Weise behindert Ihr eigener Erfolg den Erfolg Ihres Gegners?
• Was können Sie tun, um das zu ändern?

3. Gehen Sie auf Ihren Kontrahenten zu

In seinem Klassiker "Wie man Freunde gewinnt. Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden"erläutert Dale Carnegie, dass Menschen aus ihren eigenen Beweggründen handeln, die nicht mit Ihren persönlichen Motiven übereinstimmen. Brian Uzzi und Shannon Dunlap beschreiben in ihrem Artikel aus dem Harvard Business Review den folgenden grundlegenden Ansatz für die Annäherung an einen Feind:

• Stellen Sie Ihre Anforderungen und Ziele vor. Erläutern Sie dazu, wo Sie Konfliktbereiche oder Prioritätsunterschiede zwischen Ihnen und Ihrem Rivalen sehen.
• Fragen Sie Ihren Widersacher nach seiner Sichtweise, und richten Sie Ihre Ziele an seinen Anforderungen und Wünschen aus. Was können Sie gemeinsam erreichen, das für jeden von Ihnen einzeln schwierig wäre? Besprechen Sie eine Lösung: Was können Sie auf Ihrer Seite tun? Was kann Ihr Rivale auf seiner Seite tun?

Unter Umständen ist das nicht so einfach, wie es sich liest. Hier einige Vorschläge für Reaktionen bei unterschiedlichen Szenarien:

• Wenn Ihr Kontrahent Sie bittet, eine Lösung zu akzeptieren, die Ihren Anforderungen nicht gerecht wird oder die an einem ganz anderen Wertesystem ausgerichtet wäre, können Sie sich zumindest darauf einigen, dass Sie sich nicht einig sind.
• Wenn der Rivale Sie noch nicht in seine Karten hat blicken lassen, müssen Sie vielleicht noch Vertrauen aufbauen. Sorgen Sie also dafür, dass er Sie besser kennenlernt, und beweisen Sie zuerst Vertrauen, indem Sie Informationen weitergeben oder Hilfe anbieten.
• Sollte Ihr Widersacher auf feindselige Aktionen oder psychologischen Druck zurückgreifen, behandeln Sie ihn wie einen Feind. Finden Sie heraus, wo er angreifbar ist, und setzen Sie Ihre Macht ein.

4. Spielen Sie beim Machtpoker mit

Helfen Sie dabei, Fehler zu machen.
Wie können Sie sich mit Ihrem Expertenwissen oder Ihrer Autorität unentbehrlich machen? Gibt es Informationen, die Sie zurückhalten können? Können Sie Verbündete, Teammitglieder oder Mitstreiter Ihres Rivalen für sich gewinnen, um von diesen Personen nützliche Informationen zu erhalten?

Zeigen Sie Ihren Feinden, dass Machtspielchen Sie nicht schrecken. Bleiben Sie ruhig, und bitten Sie um Zeichen der Kooperation, nicht der Unterwerfung. Solange Sie Ihre Emotionen unter Kontrolle halten, statt sich von ihnen kontrollieren zu lassen, können Sie sichergehen, dass Sie mit Ihren Handlungen niemandem schaden.

Präsentieren Sie Ihre Unterstützer.
Bei manchen Menschen verdient man sich Respekt durch Charakter und Handlungen. Bei anderen wird man für die eigenen Freunde und Mitstreiter gefürchtet. Wer hält Ihnen den Rücken frei? Wer öffnet Türen für Sie? Verpassen Sie keine Gelegenheit zu zeigen, wer hinter Ihnen steht.

5. Seien Sie freundlich, und verteilen Sie Lob

Wenn Ihr Widersacher Ihnen ebenbürtig ist, wird er auch ab und an Erfolge verbuchen können. Loben Sie ihn für seinen Einsatz, und gratulieren Sie ihm zu seiner Leistung. Durch Freundlichkeit zeigen Sie Charakterstärke und Kooperations- anstelle von Konkurrenzbereitschaft. Je mehr Sie über Ihren Rivalen erfahren, desto besser können Sie sich auf die für ihn wichtigen Dinge konzentrieren und ihn so auf einer emotionalen Ebene erreichen. Auch wird Ihr Kontrahent sich veranlasst sehen, bei Gelegenheit seinerseits ein Lob für Sie auszusprechen oder Ihnen Hilfe anzubieten. Sie werden dann wissen, ob Sie bei Ihrem Bemühen, ihn zum Verbündeten zu machen, vorankommen.

6. Betrachten Sie Ihre Rivalen als Geschenk

Manchmal drücken sich Freunde einfach zu höflich aus, wenn sie um eine Beurteilung von Stärken und Schwächen gebeten werden. Rivalen, Kritiker und Widersacher geben (bewusst oder unabsichtlich) überaus wertvolle Rückmeldungen zu den Bereichen mit Verbesserungsbedarf.

Kontrahenten sind unter Umständen Verbündete mit anderen Absichten, die es zu entdecken gilt. Lassen Sie sich deshalb von anfänglichen Feindseligkeiten nicht entmutigen, und suchen Sie nach einer gemeinsamen Basis. Finden Sie heraus, welche Bedürfnisse, Ziele und Schwächen Ihre Widersacher haben. Bitten Sie um Kooperation, loben Sie Erfolge aufrichtig, demonstrieren Sie gleichzeitig aber auch Ihre Macht. Menschen lassen sich meist zu einer Zusammenarbeit bewegen, wenn ihnen klar wird, dass sie dabei – sowohl individuell als auch im Team – mehr gewinnen als verlieren können.

https://hbr.org/2012/05/make-your-enemies-your-allies

 

Ioannis Lagoudakis, Training Consultant